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Historische Kalenderblätter
Johann Christoph Gottsched - 315. Geburtstag
Februar 2015 Johann Christoph Gottsched (*2. Februar 1700 in Juditten bei Königsberg; †12. Dezember 1766 in Leipzig)
Johann Christoph Gottsched wurde am 2. Februar 1700 in Juditten als Sohn einer Pastorenfamilie geboren. Mit 14 Jahren besuchte er vorzeitig die Albertina in Königsberg, wo er die Fächer Theologie, Philosophie, Mathematik, Physik, klassische Philologie, Poesie und Rhetorik belegte und dabei gleichzeitig sein Hauptaugenmerk auf die philosophischen Werke von Gottfried Wilhelm Leibniz und Christian Wolff legte. Kurz nach der Promotion (1719) über ein meteorologisch-physikalisches Thema begab sich Gottsched mit seinem Bruder Johann Friedrich nach Leipzig, um der preußischen Armeerekrutierung zu entgehen. Im Kurfürstentum Sachsen durfte Gottsched seine Arbeiten ungestört fortsetzen und an der renommierten Alma Mater Lipsiensis Vorlesungen über die Philosophien von Christian Wolff halten. In dieser Zeit wurde er auch auf die »Deutschübende Poetische Gesellschaft« Johann Burkhardts aufmerksam, die ihn aufgrund seiner herausragenden Wissenschaften in Bezug auf die Pflege der deutschen Sprache zu ihrem Senior wählte. Die Mitglieder erarbeiteten theoretische Grundlagen für eine Reform der Poesie, der Musik und der Philosophie. In mehreren Aufsätzen unterstrichen sie die Notwendigkeit einer Sprachreform. Gottsched selbst veröffentlichte hierzu mit den »Vernünftigen Tadlerinnen« eine eigene Wochenschrift, welcher die Zeitung »Der Biedermann« folgte. Im Zuge der öffentlichen Auseinandersetzung über eine Sprachreform begann ab 1727 die fruchtbarste Phase innerhalb der Gesellschaft, welche schließlich in der Frage gipfelte, ob die lateinische Sprache weiterhin die Sprache der Wissenschaft bleiben solle oder eine Öffnung zur deutschen Sprache stattfinden müsse. Gottsched plädierte für eine Aufweichung der seiner Meinung nach überkommenen Grundsätze, womit er eine Reihe von Anhängern der Gesellschaft gegen sich aufbrachte. Die Durchsetzung der Reformen, die mit dem Austritt der letzten Kritiker einherging, festigte seine persönliche Stellung an der Spitze der Autorenvereinigung und den Anspruch der Gruppe, eine Akademie der deutschen Sprache und Dichtung zu sein. Neue Mitglieder wurden fortan nur aufgenommen, wenn sie eine Probe ihres Könnens nach den Grundregeln der Gesellschaft einreichten.
Nach der Habilitation in den Fächern Poesie (1730), Logik und Metaphysik (1734) heiratete Johann Christoph Gottsched die literarisch hochbegabte Luise Adelgunde Victorie Kulmus, genannt »die Gottschedin«. In der Öffentlichkeit ein trautes Paar, hatten sich die beiden privat rasch auseinander gelebt, was die Herausgabe der gemeinsamen Zeitschrift: »Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit« jedoch nicht beeinträchtigte. Gottsched selbst argumentierte bereits 1729 in seinem literaturtheoretischen Hauptwerk, dem »Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen«, für eine rationalere Dichtungsauffassung. Die reglementierte Vernunft sollte im Vordergrund stehen und sich von jeglichen Romantikvorstellungen distanzieren. Daher lehnte Gottsched die Darstellung von übernatürlichen Erscheinungen in der Literatur ebenso wie die Hervorhebung von religiösen Themen ab. Von 1732 bis 1744 erschienen hierzu seine »Beyträge zur Critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit« sowie der »Neue Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste« (1745 – 1750). Zuletzt von 1751 bis 1762: »Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit«. Entscheidend für die weitere Entwicklung der »Deutschen Gesellschaft« wurde schließlich das Jahr 1734. Öffentlich griff eines der Mitglieder den Senior mit Blick auf dessen Reformbemühungen an. Gottsched verabschiedete sich daraufhin 1738 von der Gesellschaft, nachdem ihm klar geworden war, dass die öffentlich ausgetragenen Spannungen weniger auf seine Reformen als auf diverse kleinere Befindlichkeiten innerhalb der Gruppe zurückgegangen waren. Er selbst konnte daher nicht mehr Vorsitzender der Gesellschaft sein. Obwohl Gottsched die darauffolgenden Schriftveröffentlichungen weiter betreute, verfiel die Gesellschaft in ihrer Wahrnehmung in die Bedeutungslosigkeit. In seinem zweiten Hauptwerk, der »Ausführlichen Redekunst«, fasst er die Tradition der klassischen Rhetorik zusammen. Seine Positionen definierte er am Stil der Barockrhetorik, die er in vielen Fällen kritisch ansah. 1748 folgte die umfangreiche »Grundlegung einer Deutschen Sprachkunst«. Mit Blick auf die Ausbildung der deutschen Schriftsprache des 18. Jahrhunderts war diese Publikation sehr bedeutsam. Nach der Veröffentlichung seines vierten Hauptwerkes (»Vorübungen der Beredsamkeit«, 1754) begann Gottsched mit der Niederschrift des »Nöthigen Vorrath zur Geschichte der deutschen dramatischen Dichtkunst«. Die Kompilation, die alle Veröffentlichungen zwischen 1450 und 1760 verzeichnen sollte, blieb jedoch unvollendet, da Gottsched nach dem frühen Tod seiner Frau am 26. Juni 1762 zunächst außer Stande war, weiter zu arbeiten. Nach kurzer Ehe mit der 19-jährigen Ernestine Susanne Katharina Neunes (Hochzeit 1765) verstarb Johann Christoph Gottsched am 12. Dezember 1766 in Leipzig.
Die maßgebliche Rolle Gottscheds in Bezug auf die Entwicklung der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert wurde nach seinem Tod lange Zeit unterschätzt. In der Auseinandersetzung mit anderen Vertretern der Aufklärung beschimpfte ihn Gotthold Ephraim Lessing schon zu Lebzeiten als »hohlen Pedanten«. Auch Johann Wolfgang Goethe zeigte während seines Aufenthalts in Leipzig keinerlei Verständnis für die Theorien Gottscheds. Nichtsdestotrotz wurden seine Erkenntnisse über die deutsche Sprache in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von keinem Geringeren als Immanuel Kant wiederbelebt. In seiner »Kritik der reinen Vernunft« finden sich mehrere Bezüge zu den theoretischen Grundsätzen Gottscheds.
(Gottsched im Jahr 1744, Ölgemälde, Universität Leipzig, Kustodie, 53/90)
Werke (Auswahl) Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen, Leipzig 1729.
Erste Gründe der gesamten Weltweisheit, Leipzig 1733.
Ausführliche Redekunst, Leipzig 1736.
Grundlegung einer deutschen Sprachkunst, Leipzig 1748.
Vorübungen der Beredsamkeit, Leipzig 1754.
Literatur (Auswahl) Eric Achermann (Hg.): Johann Christoph Gottsched (1700-1766). Philosophie, Poetik und Wissenschaft, Berlin 2014.
Gabriele Ball; Helga Brandes; Katherine R. Goodman (Hgg.): Diskurse der Aufklärung, Luise Adelgunde Victorie und Johann Christoph Gottsched, Wiesbaden 2006.
Gabriele Ball: Moralische Küsse - Gottsched als Zeitschriftenherausgeber und literarischer Vermittler, Göttingen 2000. |