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Historische Kalenderblätter
Fritz Gause - 125. Geburtstag
August 2018 *4. August 1893 in Königsberg; †24. Dezember 1973 in Essen
Fritz Gause wurde am 4. August 1893 als Sohn des Magistratsdirektors August Gause und dessen Ehefrau Margarete, geb. Hunke, in Königsberg geboren. Als Nachfahre einer seit Jahrhunderten in Ostpreußen ansässigen prußischen Familie findet sich der Name Gause bereits in Urkunden und anderen Dokumenten aus dem Jahr 1340. In Königsberg besuchte Gause das Friedrichskollegium, eine der bedeutendsten Schulen Ostpreußens, in der bereits Immanuel Kant als Schüler lernte und Johann Gottfried Herder als junger Lehrer tätig war. Nach dem Schulabschluss (1911) studierte er an der Albertus-Universität in Königsberg Geschichte, Germanistik und Geographie mit Abschluss Staatsexamen. Gause diente im 1. Weltkrieg als Feldartillerist im Rang eines Offiziers. Trotz mehrfacher Verwundung überlebte er den Krieg ohne größere Spätfolgen, so dass er sein Studium fortsetzen konnte und 1921 mit einer Dissertation über »Die Landgerichte des Ordenslandes Preußen« promovierte. Nach dem Krieg war er als Lehrer und Studienrat an der Goetheschule in Lyck tätig, ehe er 1922 an das Städtische Goethe-Oberlyzeum nach Königsberg zurückkehrte. 1924 verfasste er anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Vereinigung der Stadtteile Kneiphof, Löbenicht und Altstadt eine fundierte Arbeit über die Geschichte Königsbergs. Auf Anregung des Generaldirektors der preußischen Staatsarchive, Albert Brackmann, veröffentlichte Fritz Gause 1931 das Buch »Die Russen in Ostpreußen 1914/15«, welches das Leid der ostpreußischen Bevölkerung ausführlich in den Mittelpunkt rückte. Seine fachliche Reputation führte 1938 zur Übertragung der Direktion des Stadtarchivs und des Stadtgeschichtlichen Museums. Als Soldat überlebte er 1945 die Belagerung Königsbergs durch glückliche Umstände, doch registrierte er bereits damals schmerzhaft den Untergang seiner geliebten Stadt. Nach der Entlassung aus der polnischen Kriegsgefangenschaft (1947) kam er nach Essen, wo er als Lehrer an einem Mädchengymnasium unterrichtete und 1959 als Oberstudienrat pensioniert wurde. Gause gehörte zu den Hauptprotagonisten der sich neu konstituierenden »Ostforschung« zur Aufarbeitung der ostdeutschen Geschichte. Zu seinen Forschungspublikationen gehören die zwischen 1965 und 1971 erschienene Buchreihe zur »Geschichte der Stadt Königsberg« und die 1965 veröffentlichte Abhandlung »Königsberg in Preußen – Die Geschichte einer europäischen Stadt«. Eines seiner liebsten Bücher war der Bildband »Königsberg – so wie es war« aus dem Jahr 1971. Die nordrhein-westfälische Landesregierung ernannte ihn kurz darauf zum Professor für Geschichte (1972). Über viele Jahre verfasste Fritz Gause zahlreiche Aufsätze für das »Ostpreußenblatt«, aus denen bereits 1966 die »Geschichte des Preußenlandes« hervorging. Mit diesem Buch sollte die breite Öffentlichkeit dazu angeregt werden, die »deutsch-slawische Schicksalsgemeinschaft« (Zitat Gause) als Freundschaft und nicht als Feindschaft zu erkennen, denn über einen längeren Zeitraum gesehen war es viel eher so, dass ein gutes Verhältnis zwischen Deutschen und Slawen die Nachbarschaft beider Völker bestimmte. Fritz Gause arbeitete unermüdlich auch im Vorstand der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung. Als Mitherausgeber der »Altpreußischen Biografie« verstand er es, Geschichte der breiten Öffentlichkeit in angemessener Form zugänglich zu machen. Fritz Gause unterstützte im Zuge seiner Wahl zum 1. Stadtvertreter Königsbergs die Gründung eines zentralen Gedenkortes für seine ostpreußischen Landsleute. In Duisburg wurde daraufhin 1968 das Haus Königsberg eröffnet, welches von 1992 bis 2016 als Museum Stadt Königsberg einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Aufarbeitung der Königsberger Stadtgeschichte leistete.
Auch im hohen Alter war Fritz Gause noch publizistisch aktiv, da noch nicht alle Aspekte der ost- und westpreußischen Geschichte aufgearbeitet waren. Umso schwerer traf es Kollegen, Freunde und Familienmitglieder, als sie an den Weihnachtsfeiertagen 1973 von seinem Ableben erfuhren. Fritz Gause starb am 24. Dezember 1973 im Alter von 80 Jahren in Essen, wo er wenige Wochen zuvor noch mit der Redaktion des »Königsberger Bürgerbriefes« beschäftigt war. Eines seiner letzten Werke war das Buch »Kant und Königsberg«, das 1974 zum 250. Geburtstag des Philosophen erschien. Fritz Gause blieb bis zuletzt tief mit seiner Heimat Ostpreußen verbunden. Als Träger des Preußenschildes und des Bundesverdienstkreuzes I. Klasse wird er mit seinen Arbeiten auch zukünftig zu den bedeutendsten Historikern der preußischen Geschichte gehören.
Der frühere Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Reinhold Rehs, überreicht Fritz Gause (links) 1963 den Preußenschild
Literatur (Auswahl)
Das Ostpreußenblatt, Folge 47 (1969), S. 13 Das Ostpreußenblatt, Folge 51/52 (1978), S. 14 Das Ostpreußenblatt, Folge 32 (1983), S. 23 Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen (Hg.): Ostdeutsche Gedenktage, Bonn 1973 Kurt Forstreuter: Fritz Gause (1893–1973), in: Preußenland 12 (1974), S. 30 Wolfgang Leesch: Die Deutschen Archivare 1500–1945, Bd. 2, 1992
Schriften (Auswahl)
Der Kämmereibesitz der Stadt Königsberg im 19. Jh., Königsberg 1924 Die Russen in Ostpreußen 1914/15, Königsberg 1931 Neue Ortsnamen in Ostpreußen seit 1800, Königsberg 1935 Erbe und Aufgabe des deutschen Ostens, München 1955 Geschichte des Amtes und der Stadt Soldau, Marburg 1958 Ostpreußen, Essen 1958 Die Geschichte der Stadt Königsberg in Preußen, 3 Bde., Köln 1965 Deutsch-slawische Schicksalsgemeinschaft, Würzburg 1967 Die Mittelalterliche deutsche Ostsiedlung, Stuttgart 1969 Acta Prussica, Würzburg 1968 Königsberg, so wie es war, Düsseldorf 1983 Geschichte des Preußenlandes, Leer 1966 Königsberg in Preußen. Die Geschichte einer europäischen Stadt, Leer 1987 Kant und Königsberg bis heute, Leer 1989 Ostpreußen und Westpreußen. Kleine Geschichte des Preußenlandes, Leer 1994
Verfasser: Marco Wachtel M.A. Abbildungen: Das Ostpreußenblatt, Folge 47 (1969), S. 13 Die Rechte an den Abbildungen und am Text obliegen dem Kulturzentrum Ostpreußen. |